Modellregion Bildung Zillertal
Die wissenschaftliche Begleitung der „Modellregion Bildung Zillertal“ liegt bei einem interdisziplinären und interinstitutionellen Konsortium von universitären und außeruniversitären Einrichtungen. Koordiniert wird die Begleitung vom Institut für LehrerInnenbildung und Schulforschung (ILS) der School of Education der Universität Innsbruck. Personell verantwortlich für das Team des ILS zeichnen Univ. Prof. Dr. Christian Kraler (Projektleitung) und Mag. Livia Anna Julia Rößler (Projektkoordination). Die Verantwortung für die Professionalisierung der Lehrkräfte im Rahmen des eigens für die Modellregion entwickelten Pädagogischen Konzeptes liegt bei Franz Niedertscheider von der Pädagogischen Hochschule Tirol. Neben der Konzeption bedarfsgerechter Fort- und Weiterbildungen fungiert das Konsortium der Universität Innsbruck und Pädagogischen Hochschule Tirol auch in beratender Funktion. Gemeinsames Ziel der wissenschaftlichen Begleitung ist die Etablierung nachhaltiger regionale Schulentwicklungsstrukturen, die sowohl die vorhandenen Stärken der einzelnen Schulen identifizieren und weiterentwickelt sowie gemeinsame prospektive Entwicklungsziele definieren, an denen alle Neue Mittelschulen in Kooperation mit ihren Bildungspartner arbeiten.
Über die gesamte Projektlaufzeit finden regelmäßige Steuerungs- und Koordinationstreffen statt, in denen die verschiedenen Initiativen abgesprochen und aufeinander abgestimmt werden.
Die Umsetzung der wissenschaftlichen Begleitung lebt zudem wesentlich von der engen Zusammenarbeit mit der regionalen Pflichtschulinspektion in Person von PSI Mag. Astrid Rödlach
„Der zentrale Forschungsauftrag des Projektes beinhaltet die Identifikation von Gelingensbedingungen für die individuellen Bildungsgangoptionen aller Schüler/-innen im Sinn von nachhaltiger Chancengleichheit, bezogen auf die Region.“
Was macht die Region Zillertal aus einer wissenschaftlichen Perspektive zur Modellregion? Da die überwiegende Mehrheit der 10- bis 14-Jährigen (95 %) Schulen im Zillertal besuchen, eignet sich die Region par excellence für eine Modellregion. Gestärkt wird die gemeinsame Schule für 10-14-Jährige durch die Einführung der Neuen Mittelschule an allen sieben Standorten (Fügen I und II, Hippach, Mayrhofen, Stumm, Tux, Zell am Ziller). So kann die Zusammenführung von Schülerinnen und Schülern aller Bildungspositionen und Ausprägungen gelingen. Studien und vorhandene Befunde weisen darauf hin, dass ein gemeinsamer Bildungsweg der 10- bis 14-Jährigen zu positiveren Entwicklungen führt als eine frühe äußere institutionelle Differenzierung. Die gemeinsame Schule erhebt zudem den Anspruch einer regionalen Kohärenz – gerade hier bietet die „Modellregion Bildung Zillertal“ einmalige Kooperationsmöglichkeiten mit unterschiedlichen Bildungspartnern (Eltern, Gemeinden, Betrieben etc.).
Zentrales Ziel der wissenschaftlichen Begleitung ist eine weitere Verstärkung nachhaltig wirkender Prozesse in der Bildungsregion. Leitfrage hierbei ist: „Welche passgenaue, zukunftsweisend und nachhaltige Bildung braucht eine Region?“ Ansatzpunkt sind für uns die Schülerinnen und Schüler der Mittelstufe, die am Ende ihrer Schulzeit über ihrer Weiterbildungsentscheidung maßgeblich für die zukünftige Gestaltung der Region verantwortlich sind. Wissenschaftlich begleitet werden vor allem Prozesse zur Stärkung des/der Einzelnen (Kompetenzwerkstatt) sowie zur Stärkung der Schulen (Entwicklungsporträts) bis hin zu einer auf ihren Stärken aufbauend strukturierten Bildungsregion (regionale Potentialanalyse). Die sich daraus ergebenden Erkenntnisse dienen als Konzeptbasis einer Neugestaltung von Bildungspartnerschaften zwischen den verschiedenen Stakeholdern: Schulen, Eltern, Gemeinden und Betrieben. Darüber hinaus wird im Rahmen der Modellregion ein Design entwickelt, das die Bedarfslage der lernenden Region analysiert. Dies geschieht mit Hilfe von rekonstruierten Bildungsverläufen und Schulstromanalysen in der Region wie auch Evaluierung der Anschlussfähigkeit (Übergangsanalyse) in weiteren Bildungsbereichen der Schülerinnen und Schülern. Kernanliegen ist die zentralen Gedanken von einer lernenden Region und von einer gemeinsamen Schule miteinander zu verknüpfen und somit neue Erfordernisse für die gesamte österreichische Bildungslandschaft heraus zu arbeiten.
Verantwortlich für die Bereiche Begleitforschung, regionale Schulentwicklung und Evaluation zeichnet sich das Institut für LehrerInnenbildung und Schulforschung der School of Education an der Universität Innsbruck, namentlich Prof. Dr. Christan Kraler und Mag. Livia Anna Julia Rößler. Neben der kontinuierlichen Begleitforschung, welche sich über die vollen vier Projektjahre des Modellversuchs erstrecken, sind in den einzelnen Projektjahren weitere Verantwortungsbereiche hinzugekommen. Seit dem zweiten Projektjahr obliegt dem Kernteam zudem die Verantwortung und Akkordierung der regionalen Schulentwicklungsinitiativen sowie ab dem dritten Jahr die Konzeption und Umsetzung der Evaluation der seitens des Professionalisierungs- und Weiterbildungsprogramm implementierten Veranstaltungen.
Zwischenbericht 1. Jahr
Im Zuge der Begleitforschung fungiert das wissenschaftliche Team beratender und planend-unterstützender für die Steuerungsgruppe, das Professionalisierungsteam sowie die regionale Schulaufsicht.
Zudem verantwortet die Begleitforschung jährliche Vernetzungstreffen zentraler Akteure. Bei diesen werden Befunde aus den Forschungsaktivitäten vorgestellt, diskutiert und gemeinsam hinsichtlicher ihrer Umsetzung weiterentwickelt. Darüber hinaus werden übereinschlägige Fachvorträge und weitere Aktivitäten zusätzliche bedarfsorientierte Impulse zur regionalen Schulentwicklung initiiert.
Kernaufgabe der Begleitforschung ist ferner die systematische Dokumentation der Ergebnisse unter anderem in Form regelmäßig erscheinender Berichte.
Bereits im ersten Jahr zeichnete sich ab, dass das Gelingen einer gemeinsamen Schule in der Region vor allem über die Vernetzung und gemeinsame Entwicklung aller relevanter Akteure erreicht werden kann. Ausgehend von dieser Erkenntnis entwickelte die wissenschaftliche Begleitung als multidimensionales, systematisches Instrument sogenannte Entwicklungsporträts. Mit diesen können Stärken, Potentiale und Herausforderungen der einzelnen Schulstandorte sowie Vernetzungen der Schulen und ihrer Bildungspartner in der Region aufgezeigt werden.
Im Rahme der regionalen Schulentwicklungsforschung wird ein besonderes Augenmerk auf die Arbeit mit und durch Bildungspartnern (Eltern und Erziehungsberechtigten, Volksschulen, weiterführende Schulen, außerschulische Partner sowie Bildungspartner aus Tourismus und Wirtschaft) gelegt. Wie sich bestimmte Nahtstellendynamiken darstellen, ist unter anderem Schwerpunkt im zweiten und dritten Jahr der wissenschaftlichen Begleituntersuchung.
Schülerinnen und Schüler als zentrale Gruppe in der Bildungsregion werden im zweiten und im dritten Projektjahr zu ihren lebensweltliche Erfahrungen und ihrem Freizeitverhalten befragt.
Die gewonnenen Erkenntnisse werden jährlich unter anderem in individuellen Gesprächen an die an die Schulleiter/-innen der sieben Modellregionschulen zurückgespielt und im Kontext deren Standortentwicklung diskutiert. Damit lassen sich neue Wege Evidenz-informierter Schulentwicklung realisieren.
Schulleiter/-innen als Schlüsselfiguren für den Gelingensprozess der regionalen Schulentwicklung werden imRahmen des Projekts forschend begleitet.
Um die Wirkung der Interventionen im Bereich der Professionalisierung untersuchen zu können, wird im letzen Projektjahr evaluiert.
Hierfür erarbeitet die wissenschaftlichen Begleitung seit dem dritten Jahr einem Projekt adäquates Konzept.
Die wissenschaftliche Begleitung der Modellregion Bildung Zillertal führt im Rahmen der Stärkeseminare eine kleine Befragung zum Aufwachsen im Zillertal durch. Die Befragung soll Aufschluss geben über die Lebenswelt von Jugendlichen im Zillertal, ihr Freizeit- und Gesundheitsverhalten, ihre sozialen Beziehungen, ihre schulische Einbettung sowie ihre Wünsche, Pläne und Bedürfnisse (z.B. betreffend Freizeitangeboten). Die Datenauswertung erfolgt vollständig anonymisiert und nach den Bestimmungen der Datenschutzgesetzgebung.
Die Kompetenzwerkstatt (siehe Abbildung) ist ein Lernkonzept mit dem Ziel, alle Schülerinnen und Schüler (im inklusiven Sinn) der Sekundarstufe I optimal für ihre weitere Schullaufbahn bzw. für das Berufsleben vorzubereiten. Diesem Lernkonzept liegt ein Professionalisierungskonzept auf Seiten der Lehrenden zugrunde. In passgenauen Fort- und Weiterbildungen übergreifend für alle sieben Mittelschulen der Modellregion werden die jährlichen Schwerpunkte aufgegriffen. Das Konzept der Kompetenzwerkstatt baut auf den allgemeinen Zielen der Neuen Mittelschule auf und versteht sich als ergänzend sowie erweiterndes Programm. Die Kompetenzwerkstatt versteht sich als Initiative, die auch über die Jahre der wissenschaftlichen Begleitung an den Schulen weitergetragen werden soll. Die einzelnen Komponenten der Werkstatt sind aufbauend.
Das Stärkenportfolio bildet das Kernstück für die 5. Schulstufe und setzte den ersten Schritt. Schülerinnen und Schüler in ihren Stärken zu befördern ist hierbei primäres Ziel. Mit der Einführung der Kind-Eltern-Lehrergespräche im Zuge der Neuen Mittelschulreform wurde der Bedarf an Möglichkeiten, Stärken und Potentiale der Schülerinnen und Schüler systematisch hervor zu heben, geweckt. Das Arbeiten mit dem Stärkeportfolio ermöglicht Lehrenden genau dies. In gezielten Fort- und Weiterbildungen wurden Wege und Möglichkeiten mit diesem neuen Instrument zu arbeiten aufgezeigt und diskutiert. Neben dem Portfolio veranstalteten alle sieben Mittelschulen auch Stärketage (Fügen 1, Fügen 2, Stumm, Hippach) am Endes des ersten Schuljahres, diese werden in den Folgejahren des Modellprojektes fortgesetzt und befördern die Nahtstellendynamik zu den Volksschulen.
Das zentrale Anliegen der der Kompetenzwerkstatt für die sechste Schulstufe ist die Auseinandersetzung mit dem Lernen der Schülerinnen und Schüler. Um diesem Anspruch gerecht zu werden, bedarf es einerseits Lehrerinnen und Lehrer die sich im Klaren darüber sind, was mit Kompetenz gemeint ist und was es für Schülerinnen und Schüler bedeutet, in Englisch, Deutsch und Mathematik kompetent zu sein. Andererseits geht es darum aufzuzeigen, wie Kompetenzentwicklung durch Aufgabenstellungen und ihre Bearbeitung im Unterricht ermöglicht werden kann. Ausgehend hiervon wurden bedarfsgerechte, Schul-übergreifende Fort- und Weiterbildungen in den Fächern Mathematik, Deutsch und Englisch ausgearbeitet. Ergänzt wird diese Professionalisierungsmaßnahme durch individuelle Beratungen an den einzelnen Schulstandorte durch das verantwortliche Team.
Um sich seinen Fähigkeiten bewusst zu sein, braucht es regelmäßige Rückmeldungen in unterschiedlicher Form. In der 7. Schulstufe geht es daher vorwiegend darum, die erbrachten Leistungen der Schülerinnen und Schüler förderlich zu bewerten. Dabei gilt es, die fachlichen Kompetenzen mit vorgegebenen Kriterienrastern zu vergleichen und diese zur Selbst- und Peereinschätzung sowie zum Vergleich des Selbstbildes mit dem Fremdbild zu nutzen. In der begleitenden Professionalisieurngsschiene werden die Lehrenden der Modellregion wie bereits im vergangenen Jahr in schulübergreifenden Arbeitsgruppen fort- und weitergebildet. Auch hier finden fachspezifische Fort- und Weiterbildungen in den Fächern Mathematik, Deutsch und Englisch statt.
Neben dem Fort- und Weiterbildungsintiativen formieren sich im dritten Projektjahr auch nachhaltigere Strukturen in Form von Professionellen Lerngemeinschaften an den Standorten und über die Standorte vernetzt. Bei den vernetzend Lerngemeinschaften sprechen wird daher von professionellen Lernnetzwerken gesprochen – diese bestehen seit Sommersemester 2016/17.
Neben der Fortführung schulinterner professioneller Lerngemeinschaften und schulübergreifender professioneller Lernnetzwerke, wird es auch im vierten Projektjahr ein Professionalisierungskonzept für Lehrende der Region geben. Hierbei sollen die Stränge der Fort- und Weiterbildungen der letzten drei Jahre zusammen- und darauf aufbauend weitergeführt werden.